Baustelle in Königs Wusterhausen - 1. Bauabschnitt

Mobiles grabenloses Verfahren setzt Maßstäbe

Einsatz neuester Technik zur Sanierung von Trinkwassertransportleitungen

Der Märkische Abwasser- und Wasserzweckverband hat 2019 die Sanierung eines Transportleitungsabschnitts mit drei Knoten- und Betriebspunkten ausgeschrieben. Die beauftragte Ingenieurgesellschaft IRS Sachsen mbH hat dafür ein von der DIRINGER & SCHEIDEL ROHRSANIERUNG für die grabenlose Sanierung von Druckrohrleitungen im Trinkwasserbereich entwickeltes BlueLine-Verfahren eingesetzt. Mit der Umsetzung dieses Sanierungsprojekts macht die Stadt, die 1920 den ersten deutschen Rundfunksender in Betrieb genommen hat, erneut mit einer technischen Innovation von sich reden.

Das Sanierungsprojekt

Der Märkische Abwasser- und Wasserzweckverband (MAWV), mit Sitz in Königs Wusterhausen im Brandenburgischen Landkreis Dahme-Spreewald, entschied sich für eine innovative Sanierungsleistung in den Gemeinden Eichwalde und Schulzendorf. Die Gemeinden liegen am südlichen Rand Berlins im Landkreis Dahme-Spreewald. Die Kreisstraße K 6161 und die Landesstraße L 400 verbinden die Gemeinden mit der BAB A 113.

Auf einer Länge von ca. 900 Metern war eine in den Jahren 1930 bis 1941 aus gemufftem Stahlrohr gebaute Trinkwassertransportleitung DN 600 dringend sanierungsbedürftig. Betreiber der Anlage ist die Dahme-Nuthe Wasser, Abwasserbetriebsgesellschaft mbH. In der Rohrbruchstatistik des Anlagenbetreibers stellt die Transportleitung einen Schwerpunkt dar: Seit 1999 mussten insgesamt 15 Rohrbrüche beseitigt werden mit einem immer ähnlichen Schadensbild: Lochkorrosion!

Der betroffene Sanierungsabschnitt verläuft parallel zur K6161 – Stadionstraße und Ernst-ThälmannStraße – in einem vorwiegend unbefestigten Randstreifen zwischen Bürgersteig und Fahrbahn. In diesem Sanierungsabschnitt befinden sich drei Knoten- und Betriebspunkte – Schieberkreuze, Unterflurhydranten und Entleerungen. Die Leitungsüberdeckung liegt zwischen 1,20m und 1,50m.


Peter Sczepanski, Verbandsvorsteher des MAWV: „Die Baumaßnahme begann in der Stadionstraße in Höhe des Eichenparkstadions und endete am Serchower Flutgraben. Die Bebauung dieses Straßenzugs ist durch Einfamilien- und wenige Mehrfamilienhäuser, sowie gewerbliche Immobilien geprägt. Eine besondere Herausforderung war der streng geschützte Alleebaumbestand aus jungen Laubbäumen und unter dem Aspekt des Grundgewässerschutzes der Triftgraben, sowie der Selchower Flutgraben, die den Baubereich queren. Zu beachten war auch, dass sich der Baubereich entlang der Stadionstraße in der Trinkwasserschutzzone III B der Wasserfassung Eichwalde befindet. Außerdem mussten etwa die Bushaltestellen, die Arztpraxen und die Apotheke erreichbar bleiben.“

Angesichts dieser Anforderungen favorisierte der MAWV ein grabenloses Sanierungsverfahren. Mit den weiteren Schritten beauftragte der Verband die Ingenieurgesellschaft für Rohrleitungssanierung mbH Sachsen, die über das RAL Gütezeichen „Ausschreibung und Bauüberwachung bei grabenloser Sanierung“ (ABS) verfügt. IRS Sachsen mbH-Geschäftsführer Steffen Hommel: „Bei der Variantenuntersuchung haben wir alle relevanten Kriterien berücksichtigt und geprüft, insbesondere Begebenheiten vor Ort, hydraulische Aspekte, die Bauzeit und natürlich den Kostenfaktor. Im Ergebnis konnten wir eine klare Empfehlung aussprechen: „Sanierung geschlossenes Verfahren Schlauchlining“.

Peter Sczepanski: „Auf unsere entsprechend formulierte Ausschreibung erhielten wir Angebote mehrerer Firmen mit unterschiedlichen Produkten. Unsere Entscheidung fiel auf das kostengünstigste
BlueLine-Verfahren der DIRINGER & SCHEIDEL (D&S) ROHRSANIERUNG GmbH & Co. KG.“

Das Sanierungsverfahren

Hierzu Richard Mohr, technischer Geschäftsführer der D&S Rohrsanierung: „Unser 1996 gegründetes Unternehmen ist Teil der D&S Unternehmensgruppe und steht für umfassendes Know-how sowie moderne und wirtschaftliche Technologien in der grabenlosen Erneuerung von Freispiegel- und Druckrohrleitungen. Unsere Produktpalette umfasst alle gängigen, zertifizierten Sanierungsverfahren. Das BlueLine-Verfahren wird von uns erfolgreich in ganz Europa angewendet. Darüber hinaus profitieren unsere Kunden stets von kompetenten und wirtschaftlichen Lösungen aus einer Hand, indem wir innerhalb der D&S-Gruppe vorhandene Synergien optimal nutzen. So unterstützt uns die D&S Bauunternehmung bei notwendigen Tief- und Rohrleitungsbauarbeiten, unsere D&S Rohrsanierung diese wiederum beim Einsatz von grabenlosen Verfahren. In diesem Fall errichtete die D&S Bauunternehmung NL Dessau die erforderlichen Baugruben, um den BlueLiner einzubauen und führte die erforderlichen Rohrleitungsbauarbeiten durch.“

Das BlueLine-Verfahren ist speziell für die grabenlose Sanierung von Druckrohrleitungen im Trinkwasserbereich entwickelt worden. „Das System erfüllt alle Bestimmungen des DVGWArbeitsblattes W270 und der „Leitlinie des Umweltbundesamtes zur hygienischen Beurteilung von organischen Materialien im Kontakt mit Trinkwasser“ (KTW-Leitlinie)“, betont Mohr. Mit dem Rohr-imRohr-System entsteht eine Konstruktion, die alleine tragfähig ist und ohne jegliche Unterstützung des schadhaften Altrohres sämtliche statischen Außen- und Innenlasten übernimmt. Dabei erstreckt sich der BlueLine-Anwendungsbereich auf die Nennweiten DN 200 bis DN 1000 bei unterschiedlichen Einbaulängen bis 200 m und mehr, je nach statischer Anforderung mit einer Wandstärke von 5 bis 21 mm. Der maximale Betriebsdruck liegt bei bis zu 16 bar. Eine besondere Herausforderung stellte bei diesem Projekt die Sanierung eines Hochdükers dar. Die Bestandsleitung verläuft an einer Gewässerkreuzung durch den Brückenkörper mit mehreren 45° - Bögen. Der BlueLiner erlaubt eine Bogengängigkeit bis zu 45°, sodass auch eine Sanierung dieses Leitungsabschnittes problemlos möglich war.

Richard Mohr zum Verfahren: „Der BlueLiner ist ein flexibler Schlauch bestehend aus einem innenseitig 3 mit Polyolefin beschichteten Verbundmaterial aus Glas und Filz. Er wird unmittelbar vor dem Einbau in einer mobilen Tränkanlage vor Ort unter definierten und reproduzierbaren Qualitätsbedingungen mit einem Zweikomponenten-Epoxidharz unter Vakuum imprägniert, kalibriert und in die vorhandene Rohrleitung eingebracht. Die Komponenten der mobilen Tränkanlage sind dabei optimal auf das Verfahren abgestimmt. Die SPS-gesteuerte, vollautomatische Mischanlage arbeitet als geschlossenes System. Harz- und Härtertank sind vollklimatisiert. Auf diese Weise kann die gleichbleibende Harztemperatur unabhängig von äußeren Einflüssen gehalten werden. Definierte Harz- und Härtermengen werden über eine regelbare Förderpumpe zum Zwangsmischer transportiert, unter Luftausschluss zusammengeführt und anschließend in den vakuumierten Liner eingebracht und kalibriert. Alle systemrelevanten Daten werden durch integrierte, elektronische Messgeräte permanent dokumentiert und überwacht.“

Inversion des BlueLiners mit Drucktrommel in das bestehende Altrohr (Quelle: D&S)
Inversion des BlueLiners mit Drucktrommel in das bestehende Altrohr (Quelle: D&S)

Den Fachleuten stehen zwei unterschiedliche Einbauvarianten zur Verfügung: Beim hier angewandten BlueLine-Inversionsverfahren erfolgt die Inversion mit Druckluft oder mittels hydrostatischer Wassersäule. „Bereits vor der Installation des Inliners werden die glasfaserverstärkten (GFK) Epoxidharzflansche System CODURE an die Rohrleitungsenden positioniert. Die Inversion des Inliners erfolgt durch den Flansch und durch die gemeinsame Aushärtung wird eine ausgezeichnete Verbindung mit dem Liner erzielt. Das entstehende, voll tragfähige System bietet eine längskraftschlüssige
Verbindung und ist unabhängig vom Altrohr. Das Flanschsystem CODURE ist kompatibel zu

Standardbauteilen (nach DIN oder ANSI). Inliner und Flansch sind beide aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Diese Kombination ergibt eine sanierte Rohrleitung aus einem homogenen Werkstoff, dessen Standard und Qualität den Anforderungen einer Herstellung im Werk entspricht“, wie Mohr erläutert.

Hausanschlüsse sind dabei manuell von außen mit Anbohrschellen zu installieren. Von dem leistungsstarken Paket aus modernster Sanierungstechnik und hochwertigen Harzsystemen profitieren Netzbetreiber und Auftraggeber - technisch ausgereifte, langlebige und wirtschaftliche Sanierungsergebnisse liegen in ihrem Interesse.

Die besondere Herausforderung bei der Sanierung von Trinkwasserleitungen

Steffen Hommel ist seit mehr als 20 Jahren im Bereich der Sanierung von Abwasserkanal- und Trinkwasserleitungssystemen tätig. Nach seiner Einschätzung ist mit der Umsetzung des Sanierungsprojekts des MAWV in den Gemeinden Eichwalde und Schulzendorf ein „technischer Hot Spot“ entstanden: „Schlauchlining-Verfahren werden bereits seit Ende der 80er Jahre zur Sanierung von Entwässerungssystemen eingesetzt. Im Gegensatz zu dieser „herkömmlichen“ Sanierung von Abwasserleitungen sind an die Sanierung von Trinkwasserleitungen per Definition viel höhere Anforderungen zu stellen. Erforderlich sind profunde Kenntnisse über die für Rohrleitungen verwendeten Materialien und ihre Beschichtungen. Erst in späteren Jahren war die Technik so weit, effiziente und sichere Schlauchliner-Verfahren auch für Trinkwassertransport-Leitungen zu entwickeln.“

Viele Trinkwasserleitungen wurden in den 30-er Jahren gebaut und sind längst sanierungsbedürftig. Mit dem Zahn der Zeit nagt vor allem auch Korrosion an den technischen Bauwerken und zerstört sie. Selbst wenn finanzielle Mittel für Reparaturen und Sanierung eingeplant werden können – wie sollen sie umgesetzt werden? Oftmals sind zur Verfügung stehende Unterlagen nicht vollständig und auch eine Kamerabefahrung gibt nicht immer hinlänglich Aufschluss über den Zustand oder die verwendeten Materialien der Altrohre und ihre Beschichtungen. Steffen Hommel erinnert diese Situation an eine: „Black Box - ist sie erst geöffnet, braucht es viel Erfahrung und weitreichende Kenntnisse über vergleichbare Ausgangslagen und das Wissen um die richtige Herangehensweise mit dafür notwendiger Technik!“

Text: Anna Karsten M.A., www.anna-karsten.de
Skizze und Fotos: D&S, www.dus.de

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